Wer nicht auf die Wohnungsgröße achtet, schafft Fehlanreize
Der Koalitionsvertrag von rot-grün-rot schreibt fest, dass „mindestens 200.000 neue Wohnungen bis 2030“ zu bauen sind. Eine verbindliche Einigung auf diese konkrete Zahl war und ist ein Erfolg der SPD. Anbetracht des höchst angespannten Wohnungsmarktes und Bedenken gegen zu viel und zu engem Neubau von anderer Seite ist diese Festlegung richtig und notwendig. Denn Berlin wächst. Nur durch entsprechendes Bauen können die bereits jetzt vorhandenen Wachstumsschmerzen vermindert werden. Ein Fehler war es jedoch, jede Wohnung gleich zu zählen – ob sie nun aus einem Zimmer besteht und nur eine einzelne Studentin beherbergt oder mit vier Zimmern eine ganze Familie. Wenn blind Planziele zu erfüllen sind, die sich allein an der Zahl der Wohnungen bemessen, entstehen Fehlanreize für alle an den Planungen von Bauvorhaben Beteiligten, besonders in den Bauverwaltungen und den städtischen Wohnungsbaugesellschaften.
In einer Anfrage von mir stellt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen fest, es sei „(…) für die kommenden Jahre auch von einem steigenden Bedarf an Wohnungen mit mehr als drei Räumen auszugehen.“
Wenn jetzt nur noch blind gebaut wird, um die Zahl der Wohnungen zu erhöhen, wird am Bedarf vorbeigebaut. Familien benötigen bezahlbare Wohnungen mit mehreren Zimmern. Es wäre fatal, wenn diese in erster Linie in kleiner Zahl von profitorientierten Unternehmen angeboten werden würden.
Innenhöfe in Marzahn-Hellersdorf dürfen nicht zugebaut werden
Ein konkretes Beispiel für die Wirkung dieses Fehlanreizes ist in Marzahn-Hellersdorf zu beobachten. Die städtische Degewo plant auf einem Gelände an der Bisamstraße in Mahlsdorf 320 Wohnungen in mehreren Mehrfamilienhäusern. Dagegen wehrt sich eine Bürgerinitiative. Ihre Kritik richtet sich dabei besonders auf die Folgen der starken Verdichtung für den Kiez. Der Bau von mehrheitlich kleinen Wohnungen, nimmt Familien die Möglichkeit in die familienfreundliche Gegend zu ziehen.
Die Degewo begründet ihr Bauvorhaben damit, dass sie ihr von der Stadt vorgegebenes Ziel von knapp jährlich 1.500 neuen Wohnungen erreichen muss. Unser Ziel muss es sein, mehr Wohnraum für die Berlinerinnen und Berliner zu schaffen und nicht um jeden Preis die Anzahl an Wohnungen zu erhöhen. Daher fordere ich, dass in den Bauzielen des Senats von den Menschen her gedacht wird: Für wie viele Menschen benötigen wir welche neuen Wohnungen? Die jeweils aktuellen Bedarfsplanung muss dabei maßgebend sein. Das Ziel, auf Teufel komm raus zu bauen, darf hier in Marzahn-Hellersdorf auch nicht dazu führen, dass unsere schönen Innenhöfe mit lauter kleinen Wohnungen zugebaut werden. Das habe ich auch dem Bausenator gegenüber deutlich gemacht.