
Die Reform der juristischen Ausbildung in Deutschland ist nicht länger eine Frage des ‚Ob‘, sondern des ‚Wie‘. Es ist höchste Zeit, dass das Studium an die Bedürfnisse einer sich wandelnden Arbeitswelt angepasst wird – für die Studierenden, für die Justiz und für die Gesellschaft insgesamt.
Dabei sollte nicht jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kochen – hier muss die neue Bundesregierung die deutschlandweite Abstimmung voranbringen!
Veraltete Strukturen, fehlende Praxis – das deutsche Jurastudium steht vor einem dringend notwendigen Wandel. Während die juristische Praxis sich ständig weiterentwickelt, bleibt das Studium vielerorts hinter den Erwartungen zurück.
Studierende kämpfen mit abstrakten Theorien, ständigem Prüfungsdruck und einem endlosen Berg an Lernstoff. Am Ende ihrer Ausbildung sollen sie mit unbekannten Rechtsgebieten umgehen können, doch darauf sind weder Klausuren noch Lernveranstaltungen gut genug ausgelegt. Stattdessen wird an einem überholten System beharrt, das den Anforderungen der heutigen Arbeitswelt nicht gerecht wird.
Konsequenz: Fehlender Nachwuchs
Die Herausforderungen der juristischen Ausbildung schrecken ab und führen zu einer sinkenden Attraktivität des Studiums. Dabei werden sich im Zuge des demografischen Wandels immer mehr Berufsträgerinnen und Berufsträger vom Arbeitsmarkt verabschieden, während gleichzeitig immer weniger junge Juristinnen und Juristen nachrücken. Das kann dazu führen, dass der Zugang zum Recht für die Allgemeinheit erschwert wird.
Zukunft des Jurastudiums neu denken
Wir brauchen ein Umdenken: Wir müssen die Mentalität ablegen, dass die neuen Generationen denselben Umständen ausgesetzt werden müssen, nur weil es in der Vergangenheit so gehandhabt wurde. Denn der juristische Nachwuchs verdient eine Ausbildung, die zukunftsfähig ist und einen optimalen Start in die Berufswelt von morgen bietet. Es darf hier nicht um Besitzstandswahrungen gehen.
Studierende und Experten fordern, dass der Pflichtfachstoff reduziert wird. An dessen Stelle muss mehr Raum für Methodenlehre und praktische Übungen her! Das Studium muss sich öffnen: nicht nur für innovative Lernformate, sondern auch für neue Technologien, die unseren Alltag zunehmend beeinflussen.
Dazu kommt, dass Veränderungen meistens Geld kosten: Auch die großen Probleme mit dem Berliner Landeshaushalt werden ein digitales Examen für alle voraussichtlich weiter verzögern.
Expert:innen zeigen Reformmöglichkeiten der juristischen Ausbildung auf
In der von SPD-initiierten Anhörung des Rechtsausschusses im Herbst 2024 haben Expertinnen und Experten verschiedenster Gebiete Reformvorschläge gemacht. Manche davon lassen sich unmittelbar angehen, andere benötigen umfangreiche Reformprozesse. Doch eines haben sie alle gemeinsam: Wir müssen auch Altbekanntes verändern. Während in der Praxis und im universitären Bereich sowohl Studierenden als auch Lehrenden schon von der Reform-Notwendigkeit überzeugt sind, tun sich Teile der Politik, insbesondere konservative, noch schwer. Dafür habe ich kein Verständnis. Wir dürfen vor den Problemen der juristischen Ausbildung in Berlin nicht länger die Augen verschließen! Die neue Koalition auf Bundesebene muss ebenso wie die Landesregierungen schnell einen abgestimmten Reformprozess einleiten.