Ein fahrender Zug im kaputten Schienennetz.

Der Zustand des deutschen Schienennetzes ist schlecht. Das ist nicht nur allen klar, die regelmäßig mit der Bahn fahren, sondern hat auch die Deutsche Bahn in einem internen Bericht nun schonungslos dargestellt. Im rund 33.000 km langen Schienennetz sind etwa ein Viertel aller Weichen in einem schlechten, mangelhaften oder ungenügenden Zustand. Bei Bahnübergängen trifft dies sogar auf 42 % zu, bei den Stellwerken auf 48 %. Die meistbefahrenen und damit wichtigsten Strecken weisen dabei sogar einen noch schlechteren Zustand als das Gesamtnetz auf. Der Investitionsstau des Schienennetzes beträgt 89 Milliarden €. Der schlechte Zustand des Netzes hat auch starke Auswirkungen auf die Pünktlichkeit. Lediglich 75 % aller Züge in Deutschland sind pünktlich (weniger als 6 Minuten zu spät). In der Schweiz sind es dagegen 91 % und dabei gelten dort Verspätungen bereits ab 3 Minuten.

Marode Strecken im Osten

Auch bei uns in der Umgebung zeigt sich das Problem deutlich. Ein Beispiel dafür ist die Regionalbahn-Linie 26, die von Berlin durch nach Kostrzyn in Polen führt. Immer wieder kommt es zu dieser Linie zu Problemen. Mal wird es eng, weil ein Wagen weniger mitfährt, mal fährt der Zug plötzlich von einem anderen Bahnhof ab. Gerade im letzten Jahr wurde auf der Strecke viel gebaut, was ebenso zu Verzögerung führt, wie eine fehlende Fahrzeugreserve. Wenn dazu noch Züge in schlechter Qualität kommen, zu wenig Platz, kaputte Klos und Klimaanlagen, ist für viele Pendler:innen das Maß voll und sie steigen auf das Auto um.

Marodes Schienennetz ist eine Belastung für zukünftige Generationen

Klar ist: die Bahn und das Schienennetz brauchen mehr Geld. Deutschland hat zwar zuletzt deutlich mehr Geld für die Schieneninfrastruktur ausgegeben, liegt im europaweiten Vergleich aber immer noch auf den hinteren Plätzen. Während Deutschland 2021 124 € pro Einwohner:in in das Schienennetz investiert (2020: 88 €). Die Schweiz, ein Vorzeigeland, was Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Bahn angeht, hat dagegen 413 € ausgegeben, Luxemburg sogar 607 €. Leider verkrampft sich unser Bundesverkehrsminister zu sehr in sinnlosen Kämpfen rund um Verbrenner-Autos, um den Bahnverkehr für die Verkehrswende fit zu machen. Und auch sein Parteikollege im Finanzministerium macht lieber Schulden in Form von maroder Infrastruktur – die mit hohen Zinsen in Zukunft zurückgezahlt werden müssen – anstatt die notwendigen Investitionen zu ermöglichen.

Großes Potenzial in Deutschland

Eigentlich ist Deutschland prädestiniert dafür, ein ausgezeichnetes Schienennetz zu haben: im Vergleich mit anderen Ländern sind wir dicht besiedelt und relativ flach. Außerdem haben wir auch die finanziellen Möglichkeiten, einen Großteil unseres Passagier-, aber auch Frachtverkehrs innerhalb Deutschlands auf die Schienen zu verlegen. Mit dem immer dramatischer werdenden Klimawandel, werden Inlandsflüge auf absehbare Zeit (klimaneutrales Fliegen ist noch Zukunftsmusik und wird lange Zeit brauchen auf das Preisniveau von heute zu kommen) ein vermeidbarer Luxus sein. Doch dafür, dass der Bahnverkehr eine echte Alternative zum Fliegen sein kann, muss er nicht nur günstiger sein, sondern auch zuverlässig und bequem. Dazu muss es die Möglichkeit von Express-Verbindungen geben. Die Verbindung Berlin-München ist dafür ein anschauliches Beispiel – diese hat die entsprechenden Flüge praktisch überflüssig gemacht.

Hoffnung macht mir der Ausbau des Nachtzug-Netzes in Europa. Viele Urlaubsziele, die vorher in annehmbarer Zeit, aber auch Bequemlichkeit eigentlich nur mit dem Flugzeug erreichbar waren, werden nun mit dem Zug erreichbar. Beispiele dafür sind Berlin-London, Berlin-Stockholm und Berlin-Zürich.