Ein Gefängnis von außen als Symbolbild für die Ersatzfreiheitsstrafe

Der Bundestag hat die Ersatzfreiheitsstrafe halbiert und der Berliner Senat die Tilgungsverordnung angepasst. Was das ist, warum das nötig wurde und was wir als SPD daran geändert haben, berichte ich hier.

In Deutschland gibt es das umstrittene Konzept der Ersatzfreiheitsstrafe. Erhält jemanden eine Geldstrafe, wird diese in Tagessätzen berechnet. Ein Tagessatz ist geschätzt, das, was die verurteilte Person am Tag verdient. Wenn sie nun diese Strafe aber nicht bezahlt, kommt es zu einer Ersatzfreiheitsstrafe: Für jeden Tagessatz wird stattdessen ein Tag im Gefängnis abgesessen (zumindest bis vor Kurzem). Üblicherweise sind Menschen, die die Geldstrafen nicht zahlen, nicht einfach zahlungsunwillig, sondern in schwierigen Lebenssituationen. Sie sind obdachlos, süchtig, unbehandelt psychisch krank. Geldstrafen und die damit verbundenen Ersatzfreiheitsstrafen, gibt es etwa häufig für wiederholtes Schwarzfahren, weshalb viele Menschen, denen es sowieso miserabel geht, wegen eines fehlenden Fahrscheins ins Gefängnis müssen.

Arbeit-statt-Strafe als Alternative zur Ersatzfreiheitsstrafe

Anstatt der Ersatzfreiheitsstrafe gibt es die Möglichkeit, sich an einem Arbeit-statt-Strafe-Projekt zu beteiligen. Wie der Name schon sagt, müssen die Betroffenen dafür nichts ins Gefängnis, sondern können stattdessen ihre Strafe abarbeiten. Dabei steht die Resozialisierung im Mittelpunkt. Menschen, die nicht einmal in der Lage waren, eine kleine Geldstrafe zu bezahlen, sollen wieder an eine geregelte Arbeit herangeführt werden. Bis 2021 galt in Berlin, wie in den meisten anderen Bundesländern: 6 Stunden Arbeit entsprechen einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe (und dieser wiederum einen Tagessatz). Dies ist in der eingangs erwähnten Tilgungsverordnung geregelt.

Dies änderte der Berliner Senat, noch unter Rot-Rot-Grün. Ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe sollte fortan bereits mit 4 Stunden Arbeit abgegolten sein. Der Berliner Senat verfolgte drei Ziele mit dieser Änderung. Erstens sollte die Belastung der Arbeit abgeschwächt und so mehr Menschen ermöglicht werden, sich daran zu beteiligen. Die Betroffenen waren schlichtweg nicht in der Lage, so viel zu arbeiten und brachen ihre Beteiligung oft ab.

Zweitens sollten die überlasteten Gefängnisse in Berlin nicht den knappen und teuren Haftraum für Schwarzfahrer:innen und Ähnliches belegen. Und drittens wurde die Ersatzfreiheitsstrafe (die auf Bundesebene geregelt ist) als unverhältnismäßig hart eingeschätzt. Ein Tag in Unfreiheit ist eine härtere Strafe als ein Tag in Freiheit zu arbeiten. Da Berlin daran nichts ändern konnte, wurde stattdessen der Umweg über die Arbeit-statt-Strafe-Möglichkeit gegangen, um die Strafe abzumildern.

Ersatzfreiheitsstrafen wurden halbiert

Jetzt hat aber die Bundesregierung gehandelt und geändert, wie lange man für einen Tagessatz ins Gefängnis muss. Seit dem 1. Februar 2024 muss für jeden Tagessatz nur noch ein halber Tag Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt werden – also bloß noch halb so viel wie vorher.

Da dadurch ebenfalls die Gefängnisse entlastet und die Schwere der Ersatzfreiheitsstrafe abgemildert wird, hat die Justizsenatorin entschieden, die Berliner Regelung mit den gleichen Zielen wieder zurückzunehmen. Fortan soll wieder sechs Stunden pro Hafttag gearbeitet werden.

Allerding bleibt die tägliche Entlastung der Betroffenen dabei auf der Strecke, weshalb wir als SPD auf eine Änderung der Verordnung bestanden haben. Denn gerade für die Menschen, die nicht in der Lage sind, sechs Stunden zu arbeiten, gibt es bereits jetzt eine Härtefall-Regelung, die eine Reduzierung auf drei Stunden ermöglicht. Damit diese auch entsprechen genutzt wird, muss nun explizit darauf hingewiesen werden.

In der Gesamtschau handelt es sich im Vergleich zu Beginn des Jahres, um eine Entlastung. Wer vorher zum Beispiel zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt wurde, musste bisher, wenn diese nicht bezahlt wurde, für 20 Tage in Haft. Statt dieser konnte gearbeitet werden, was insgesamt, bei vier Stunden pro Tag, 80 Stunden Arbeit bedeutete. Mit der Änderung des Bundesgesetzes und der Tilgungsverordnung sind nur noch 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe zu verbüßen, und bei sechs Stunden Arbeit am Tag, nur noch 60 Stunden zu arbeiten.

Wir werden jetzt die weitere Umsetzung genau beobachten müssen und schauen, wie erfolgreich Arbeit-statt-Strafe mit den neuen Regelungen ist.