Durch die Neuwahl von sechs Verfassungsrichtern Anfang Juli 2024 ist der Berliner Verfassungsgerichtshof wieder komplett besetzt. Zuvor gab es eine zu lange Verzögerung einer Neuwahl, die verschiedene Ursachen hatte.
Das Berliner Gesetz über den Verfassungsgerichtshof (VerfGHG Bln) ist ein modernes Gesetz. Es enthält neben Bestimmungen über die Art und Weise der Zusammensetzung auch Regelungen, um Richter/innen auch abzuberufen, z.B. bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten.
Die Verfassung von Berlin (VvB) ist ebenso modern, sie ist eine moderne Verfassung. Sie schreibt bereits die Zusammensetzung, die Amtszeit und das Quorum bei der Wahl durch das Abgeordnetenhaus vor. Das VerfGHG vollzieht dies einfachgesetzlich nach.
§ 2 Absatz 1 VerfGHG lautet: „Der Präsident, der Vizepräsident sowie die weiteren Richter des Verfassungsgerichtshofes werden vom Abgeordnetenhaus in geheimer Wahl ohne Aussprache mit Zweidrittelmehrheit auf die Dauer von sieben Jahren gewählt.“
Damit gibt es eine Möglichkeit für undemokratische Parteien und Abgeordnete, die Neubesetzung des Verfassungsgerichtshofs zu verhindern, wenn die Gruppierung eine Sperrminorität mit mehr als einem Drittel der Abgeordneten des Berliner Abgeordnetenhauses hätte.
Änderung in der Verfassung festschreiben
Dem müssen wir – vor den nächsten Wahlen zum Abgeordnetenhaus im Herbst 2026 – begegnen. Als rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus schlage ich folgende Lösung vor:
In die Verfassung von Berlin müssen wir als neuen Absatz 2 in den Art. 84 eine Verfahrensdarstellung eingefüfeb, die letztendlich eine Berufung von Richterinnen und Richtern für den Verfassungsgerichtshof ermöglicht, auch wenn die Sperrminorität eine solche Wahl im Abgeordnetenhaus blockiert.
Diese Regelung möchte ich an die im Bund bereits geplante Änderung des Art. 94 Grundgesetz anlehnen. Analog dazu könnte sie für Berlin lauten:
„Kommt nach mehr als zwei Monaten nach Ablauf der Amtszeit oder dem vorzeitigen Ausscheiden einer Richterin oder eines Richters die Wahl einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers nicht zustande, so hat der Verfassungsgerichtshof von Berlin Vorschläge für die Wahl zu machen. Der Verfassungsgerichtshof beschließt mit einfacher Mehrheit, wer zur Wahl als Richterin oder als Richter vorgeschlagen wird. Ist nur eine Richterin oder ein Richter zu wählen, so hat der Verfassungsgerichtshof 3 Kandidaten/innen vorzuschlagen. Sind gleichzeitig mehrere Richterinnen oder Richter zu wählen, so hat der Verfassungsgerichtshof doppelt so viele Personen vorzuschlagen.
Hat das Abgeordnetenhaus nach mehr als drei Monaten, nachdem ihm der Verfassungsgerichtshof einen Wahlvorschlag unterbreitet hat, keinen Nachfolger oder Nachfolgerin gewählt, findet die Wahl durch eine Verfassungssynode statt. Die Verfassungssynode setzt sich zusammen aus
der Regierenden Bürgermeisterin oder dem Regierenden Bürgermeister,
der Justizsenatorin oder dem Justizsenator,
der Präsidentin oder dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses,
der Präsidentin oder dem Präsidenten des Kammergerichts, des Oberverwaltungsgerichtes, des Landessozialgerichtes, des Landesarbeitsgerichtes und des Finanzgerichtes sowie
den Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs, deren Amtszeit noch andauert.
Die Verfassungssynode entscheidet in einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder.“
Mein Vorschlag ist noch nicht Koa-Intern geeint, da er aber gerade von allen demokratischen Parteien am Ende getragen werden muss, ist es wichtig, dass die Initiative von Fraktionen ausgeht – und nicht von der Regierungskoalition allein.