Ein S-Bahngleis als Symbolbild für das Schwarzfahren

Der 4. Dezember gilt als der sogenannte „Freedom Day“. Jährlich an diesem Tag löst die Initiative „Freiheitsfonds“ bundesweit inhaftierte Menschen aus Justizvollzugsanstalten aus, die wegen Fahrens ohne Fahrschein im ÖPNV eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen.

Das bis zur Ersatzfreiheitsstrafe vollzogene Verfolgen von Schwarzfahren ist nicht menschenwürdig und nicht mehr zeitgemäß. Das ist bereits seit Längerem Position der SPD Berlin. Gerade diejenigen in unserer Gesellschaft, die die Vollstreckung der Geldforderung nach mehrmaligem Schwarzfahren nicht durch Zahlung abwenden können, verlieren durch Ersatzfreiheitsstrafen ihren Halt und die Umgebung. Und fahren dann wahrscheinlich das nächste Mal dennoch wieder ohne gültigen Fahrausweis.

Inzwischen gilt ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe als zwei Tagessätze Geldstrafe. Dies wurde auf Bundesebene im vergangenen Jahr geändert. Im Ergebnis ist in Berlin ein Hafttag für die Finanzen des Landes teurer als die damit abgegoltene Forderung. Das allein ist widersinnig.

Es hätte mich gefreut, wenn auf Bundesebene der bereits diskutierte Entwurf einer Regelung hier zu einer Klarstellung im Strafgesetzbuch geführt hätte. Dieser Entwurf sah vor, dass Schwarzfahren nicht mehr als Straftat gemäß § 265a StGB behandelt werden, sondern als Ordnungswidrigkeit gelten würde. Das ist jetzt mit dem Ampel-Aus wohl auf lange Sicht nicht mehr hinzubekommen, wäre aber auch nur eine minimale Besserung.

Auf lange Sicht wäre auch ein Verschieben von der Strafbarkeit in den Bereich einer Ordnungswidrigkeit nicht die Lösung des Problems. Denn auch am Ende der Vollstreckung von Forderungen aus Ordnungswidrigkeiten kann eine Ersatzfreiheitsstrafe stehen. Eine zufrieden stellende Lösung wäre die nur zivilrechtliche Verfolgung des Schwarzfahrens.

Es bräuchte, um kurzfristig zu wirken, in Berlin eine Anweisung an die BVG, keinen Strafantrag mehr zu stellen. Dies wird auch bereits in anderen Städten so praktiziert. Ohne den Antrag würde das Delikt mangels öffentlichen Interesses nicht verfolgt.

In den Städten, in denen das praktiziert wird, wird Schwarzfahren weiterhin verfolgt. Diese Herangehensweise ist keine Einladung an alle, nichts mehr für den ÖPNV zu zahlen. Wer das so versteht, verkennt das vorliegende Problem.