Das Gedicht Sprachlos von Eva Strittmatter
Erst kennt man sich mit den Worten nicht aus
Und später nicht mehr mit dem Leben.
Noch immer ist es das selbe Haus.
Doch nun sieht man den Abgrund daneben.

Also wie sich halten? Von Tag zu Tag
Seine Pflicht tun. Doch was ist die Pflicht?
Wir sind nicht mehr sicher. Wir urteilen zag.
Und was kommt, das wissen wir nicht.
Von Altersweisheit keine Spur.
Der Sinn ist nicht zu verstehen.
Eine kleine Güte. Ein Lächeln nur.
Und einfach weitergehen.

In meiner Reihe zum Frauentag stelle ich heute die Dichterin und Schriftstellerin Eva Strittmatter vor, nach der eine Straße in einen Hellersdorfer Neubaugebiet benannt ist.

Die 1930 in Neuruppin geborene Strittmatter studierte Germanistik, Romanistik und Pädagogik an der HUB. Nach Abschluss ihres Studiums arbeite sie Anfang der 1950er-Jahre als Lektorin für den Deutschen Schriftstellerverband der DDR und als Literaturredakteurin für die Zeitschrift „Neu Deutsche Literatur“. 1954 fing sie als freie Schriftstellerin an Gedichte und Prosa für Kinder und Erwachsene zu schreiben.

1956 heiratete sie nach einer kurzen ersten Ehe ein zweites Mal, den ebenfalls bekannten Schriftsteller Erwin Strittmatter. Ab 1954 lebte sie mit ihrer Familie auf dem „Schulzenhof“. Dieser Bauernhof stelle nach außen ein DDR-Idyll dar, mit dem der Erwin Strittmatter sich als Arbeiter- und Bauernautor inszenierte.

Eva Strittmatter wollte in Berlin bleiben

Doch Eva zog ungern in den Norden Brandenburgs zu den Pferden, die ihr Mann so sehr liebte. Sie wollte in Berlin bleiben und glaubte ihrem Mann, als er sagte, dass er nur nach einem Sommerhaus suche. Als er dieses dann samt Tiere erwarb, und mit dem Argument, dass er sich ja um die Tiere kümmern musste, aufs Land zog, stellte er sie vor vollendete Tatsachen: Wenn sie in Berlin blieben wollte, müsse sie die Miete für die große Wohnung alleine bezahlen.

Im Schulzenhof musste sich dann ihr Leben als Hausfrau, Mutter und Poetin unter einen Hut bringen: Ihr Mann lebte ein Leben als strenger Patriarchat, der sich alles herausnahm und ihre alles aufbürdete. Sein Schriftstellersein stand im Mittelpunkt der ganzen Familie – die Kinder durften ihm auf keinen Fall stören. Was hätte sie wohl noch alles schreiben können, wenn sie die Gelegenheit dazu gehabt hätte?

Eva Strittmatters Lyrik war einfach und nahbar, ihre Themen waren die Natur und Gefühle. Anders als die Werke ihres Mannes blieben ihre Gedichte und Bücher im Westen Deutschlands nahezu unbekannt. Wer etwas von ihrer Lyrik, die laut des Schriftstellers Hermann Kant nach „Wind und Regen schmeckt“, probieren möchte, findet hier einen Vorgeschmack.

Strittmatter starb 2011 in Berlin.