Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin stellt klar: Die Bezirksverordnetenversammlungen sind nicht verpflichtet, einen bestimmten vorgeschlagenen Kandidaten zu wählen.
Dass die AfD juristisch gegen das Ergebnis demokratischer Abstimmungen der Fraktionen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vorgeht, zeigt ihr Unvermögen in vielerlei Hinsicht. Das neue Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts stellt klar: Die erfolgte Ablehnung des jeweils nominierten AfD-Stadtratskandidaten in der BVV ist rechtskonform. Denn es werden eben nur Wahlvorschläge, nicht aber auch das tatsächliche Gewählt-Werden garantiert. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin nun unmissverständlich klargestellt.
Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, aber im Lichte bisheriger Rechtsprechung ist vom Standhalten des Urteils auszugehen. Der fehlende Stadtrat im Marzahn-Hellersdorf schadet jedoch dem Bezirk. Die AfD sollte endlich einen konsensfähigen Kandidaten vorschlagen. Wenn sich in der eigenen Partei keine geeigneten Kandidierenden finden lassen, muss eben weiter und woanders geschaut werden. Die AfD sollte zum Wohle des Bezirks eine parteiübergreifende Lösung vorschlagen.
Das Verwaltungsgericht Berlin hatte am 22. August durch Urteil über eine Klage der AfD-Fraktion in der BVV Marzahn-Hellersdorf entschieden.
§ 35 Absatz 2 des Bezirksverwaltungsgesetzes sowie Artikel 74 Absatz 1 Satz 2 der Verfassung von Berlin legen fest, dass das Bezirksamt auf Grund der Wahlvorschläge der Fraktionen entsprechend ihrem nach dem Höchstzahlverfahren (d’Hondt) berechneten Stärkeverhältnis in der BVV gebildet wird. Auf dieser Grundlage hat die AfD-Fraktion durch ihr Stärkeverhältnis in der BVV unbestritten das Vorschlagsrecht für ein Mitglied des Bezirksamts.
Kein Besetzungsrecht für die AfD-Fraktion
Doch die AfD-Fraktion verkennt zum wiederholten Male, dass weder § 35 des Bezirksverwaltungsgesetzes noch Artikel 74 der Verfassung von Berlin ein „über das Vorschlagsrecht hinausgehendes „Besetzungsrecht“ der Fraktion“ gewährt. Dies stellt das Verwaltungsgericht Berlin nun unmissverständlich klar – denn das Vorschlagsrecht steht gerade unter dem Vorbehalt der Wahl durch die Bezirksverordnetenversammlung.
So kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der von der AfD als Stadtrat und stellvertretender Bezirksbürgermeister vorgeschlagene Dr. Michael Adam keinen Anspruch auf seine tatsächliche Wahl durch die BVV hat.
„Wahl wäre ihres Sinnes entleert“
Das Verwaltungsgericht Berlin stellt fest, dass bereits der Wortlaut des Artikels 74 Absatz 1 Satz 2 der Verfassung von Berlin („Wahlvorschlag“) eine „Wahlfreiheit im Sinne einer Ergebnisoffenheit“ verlangt. Und es verweist hierzu auch auf das Urteil des Verfassungsgerichts Brandenburg vom 6. September 2023, über das auch ich berichtet hatte. Darüber hinaus gebieten auch Sinn und Zweck der Regelungen eine freie und echte (und eben keine gebundene) Wahl. Die vorgeschlagenen Kandidat:innen sollen gerade deshalb die erforderliche Mehrheit bei der Wahl erreichen, damit sie bei ihrer Aufgabenerfüllung im Bezirksamt das Vertrauen der Bezirksverordnetenversammlung haben. Überdies führt das Gericht in seiner Begründung aus, dass eine Wahl „ihres Sinnes entleert wäre, wenn eine Fraktion ihren Wahlvorschlag mittels eines Besetzungsrechts durchsetzen könnte“.
Zuletzt versuchte die AfD seit Jahren in den Bezirken Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Spandau einen Stadtrat durch die BVV wählen zu lassen – und scheiterte jeweils.